Eine Flusslandschaft wie aus dem Bilderbuch

Ein Fluss, der keiner (mehr) ist: die Alte Sorge

Wie es sich für einen richtigen Fährimaa gehört, trifft man mich jeden Tag auf der Fähre. Konkret auf der Fähre Breiholz am Nordostseekanal (NOK). Noch konkreter: Ich sitze jeweils mit meiner Frau in unserem Auto, um auf unserem Weg zur Arbeit in Friedrichstadt den NOK zu überwinden. Also einmal am Morgen hin und einmal am Abend zurück. Das macht uns viel Spaß, auch wenn es nicht ganz das ist, was ich mir ursprünglich erhofft habe (→ wie ich (beinahe) zum Fährmann wurde) Aber für den Augenblick muss das reichen. Mein Moment wird kommen… Genau so regelmässig fahren wir auf unserem Arbeitsweg an einem kleinen Fluss vorbei, den ich abgöttisch liebe: die Alte Sorge.

Habe ich eigentlich schon erwähnt…

Unser Weg zur Arbeit führt über Rendsburg, Fockbek, Hohn, Christiansholm, Erfde, Stapel nach Friedrichstadt. Unterwegs queren wir wie gesagt den NOK, fahren an einer wunderbaren Stelle der Eider vorbei, um dann etwa auf der Hälfte der Strecke den Stummel der alten Sorge zu passieren. Ich schwöre es und meine Frau kann es bezeugen, dass ich die ersten zwei Jahre jedes Mal gesagt habe: Habe ich eigentlich schon erwähnt, wie wunderschön die Sorge ist?

Ich komme aus der Region Basel. Hier sind Flüsse und Bäche in erster Linie gerade. Oder zumindest kanalisiert. Die Birs wurde in den letzten Jahren zwar „renaturiert“, aber ändert nichts an ihrem Charakter. Der Birsig war schon immer einfach ein Abwasserkanal. Da ist es nicht mehr als konsequent, dass man ihn gleich unter den Boden verlegt hat. Und der Rhein, der Fluss, der für meine Jungend und Heimat steht, ist zwar nicht gerade, aber so richtig natürlich kommt er nicht daher…

Die Alte Sorge und ihre Mäanderschlaufen

Ganz anders die alte Sorge. Sie mäandert traumhaft schön durch die Landschaft und ist märchenhaft eingesäumt durch Schilfrohre, Binsen und anderes Gewächs (bin ja nicht Botaniker). Morgens und abends, wenn das einmalige (!) Nordseeregionenlicht schräg auf die Landschaft strahlt, wirkt das Ganze in seinen goldgelben Farben besonders atemberaubend.

Vielleicht fragen Sie sich nun, weshalb ich vorhin von einem Stummel gesprochen habe. Tatsächlich endet dieser Fluss nämlich unmittelbar vor der Landstraße. Aber wo geht das Wasser hin? Drei lange Jahre habe ich beim Vorbeifahren darüber gerätselt, eine Brücke oder Kanal gesucht, aber nichts gefunden.

Spuren der Niederländer

Nun, es gibt keinen Abfluss. Überhaupt kann man nicht eigentlich von einem Fluss sprechen, denn fliessen tut hier nicht viel. Die alte Sorge ist nämlich ein „stillgelegter“ Fluss. Ein sogenanntes Stillgewässer. Das war nicht immer so. Vielmehr verwandelte ich die Sorge im 17. Jahrhundert in eine Alte Sorge und eine Neue Sorge. Verantwortlich dafür war Herzog Friedrich III., welcher sich in den Kopf gesetzt hatte, an der Mündung der Treene in die Eider eine Handelsstadt mit internationaler Ausstrahlung zu gründen: Friedrichstadt.

Dazu lockte er religiös verfolgte Niederländer ins Land, welche ihm beim Aufbau dieser Handelsmetropole zur Hand gehen sollte. Leider waren entweder die politischen Verhältnisse ungünstig oder die importierten Handelsleute taugten nichts. Auf jeden Fall wurde nichts aus dem Traum, aus Friedrichstadt ein grosses Handelszentrum zu machen. Vielleicht lag es aber einfach nur daran, dass die eingeführten Niederländer mehr von Landgewinnung denn von Handelsgeschäften verstanden. Was weiss ich schon. Auf jeden Fall ist der Beitrag der Friedrichstädter zum lokalen Kartoffelanbau bedeutend grösser als ihr Einfluss auf den globalen Warenverkehr…

Die alten Niederländer gewinnen Land

Wie auch immer: Es waren Niederländer, welche schon zwei Jahre nach Ihrem Eintreffen im Jahr 1621, damit begannen, alten Gewohnheiten folgend, den Boden zu entwässern und Land zu gewinnen. Dazu leiteten Sie das Wasser aus Sorge und Bennebek zwischen Meggerdorf und Meggerholm in einen Kanal ab. So konnte der Wasserstand reguliert, das Land entwässert und für die Landwirtschaft nutzbar gemacht werden. Von wegen natürlicher Flussverlauf…

Vögel beobachten und mit Amphibien um die Wette schwimmen

Egal. Die alte Sorge ist ein richtiger Hingucker und für Schweizer Verhältnisse geradezu wild. Zumindest ist es ein beliebter Lebensraum für viele Vögel und Amphibien und steht deshalb zum Teil unter Naturschutz.

Leider gibt es keinen Wander- oder Veloweg, welche die alte Sorge Schleife entlangführt. Aber er es gibt Alternativen. Etwa eine kleine Straße, welche geradezu als Einladung für eine Velotour verstanden werden muss. Die alte Sorge ist dabei immer mehr oder weniger in Sichtweite. An einer Stelle kommt man ihr sogar sehr nahe. Dort befindet sich Naturbadestelle Alte Sorge, mit einer gediegenen Picknickstelle, einer WC-Anlage und der Möglichkeit ins kühle Nass zu springen. Sehr romantisch.

Für mich ist das allerdings nichts. Denn der Name „Sorge“ leitet sich aus dem lokalen gesprochenen plattdeutschen Wort für „Schlamm“ ab. Das Wasser ist also braun und nicht klar. Und da man bei Flüssen immer damit rechnen muss, dass sich dort riesige Fische verstecken, setze ich meinen Fuss niemals in solche Gewässer. Wäre ich zudem eine Wasserratte, wäre ich Rettungsschwimmer und nicht Fährimaa geworden. Nein, trübes Wasser, ohne mich!

Tipp:

Die Naturbadestelle liegt direkt an dem Fluß „Alte Sorge“ zwischen den Ortschaften Meggerdorf und Christiansholm. Von der B202, Abfahrt Sandschleuse-Christiansholm, ist sie nur gut einen Kilometer entfernt. Gute Parkmöglichkeiten befinden sich direkt an der Badestelle. Toilette und Schutzhütte sind vorhanden. Der Eintritt ist frei.

https://www.ets-radweg.de/details/anzeige/event/naturbadestelle-meggerdorf/

Eine Flusslandschaft wie aus dem Bilderbuch

Ein Fluss, der keiner (mehr) ist: die Alte Sorge

Wie es sich für einen richtigen Fährimaa gehört, trifft man mich jeden Tag auf der Fähre. Konkret auf der Fähre Breiholz am Nordostseekanal (NOK). Noch konkreter: Ich sitze jeweils mit meiner Frau in unserem Auto, um auf unserem Weg zur Arbeit in Friedrichstadt den NOK zu überwinden. Also einmal am Morgen hin und einmal am Abend zurück. Das macht uns viel Spaß, auch wenn es nicht ganz das ist, was ich mir ursprünglich erhofft habe (→ wie ich (beinahe) zum Fährmann wurde) Aber für den Augenblick muss das reichen. Mein Moment wird kommen… Genau so regelmässig fahren wir auf unserem Arbeitsweg an einem kleinen Fluss vorbei, den ich abgöttisch liebe: die Alte Sorge.

Habe ich eigentlich schon erwähnt…

Unser Weg zur Arbeit führt über Rendsburg, Fockbek, Hohn, Christiansholm, Erfde, Stapel nach Friedrichstadt. Unterwegs queren wir wie gesagt den NOK, fahren an einer wunderbaren Stelle der Eider vorbei, um dann etwa auf der Hälfte der Strecke den Stummel der alten Sorge zu passieren. Ich schwöre es und meine Frau kann es bezeugen, dass ich die ersten zwei Jahre jedes Mal gesagt habe: Habe ich eigentlich schon erwähnt, wie wunderschön die Sorge ist?

Ich komme aus der Region Basel. Hier sind Flüsse und Bäche in erster Linie gerade. Oder zumindest kanalisiert. Die Birs wurde in den letzten Jahren zwar „renaturiert“, aber ändert nichts an ihrem Charakter. Der Birsig war schon immer einfach ein Abwasserkanal. Da ist es nicht mehr als konsequent, dass man ihn gleich unter den Boden verlegt hat. Und der Rhein, der Fluss, der für meine Jungend und Heimat steht, ist zwar nicht gerade, aber so richtig natürlich kommt er nicht daher…

Die Alte Sorge und ihre Mäanderschlaufen

Ganz anders die alte Sorge. Sie mäandert traumhaft schön durch die Landschaft und ist märchenhaft eingesäumt durch Schilfrohre, Binsen und anderes Gewächs (bin ja nicht Botaniker). Morgens und abends, wenn das einmalige (!) Nordseeregionenlicht schräg auf die Landschaft strahlt, wirkt das Ganze in seinen goldgelben Farben besonders atemberaubend.

Vielleicht fragen Sie sich nun, weshalb ich vorhin von einem Stummel gesprochen habe. Tatsächlich endet dieser Fluss nämlich unmittelbar vor der Landstraße. Aber wo geht das Wasser hin? Drei lange Jahre habe ich beim Vorbeifahren darüber gerätselt, eine Brücke oder Kanal gesucht, aber nichts gefunden.

Spuren der Niederländer

Nun, es gibt keinen Abfluss. Überhaupt kann man nicht eigentlich von einem Fluss sprechen, denn fliessen tut hier nicht viel. Die alte Sorge ist nämlich ein „stillgelegter“ Fluss. Ein sogenanntes Stillgewässer. Das war nicht immer so. Vielmehr verwandelte ich die Sorge im 17. Jahrhundert in eine Alte Sorge und eine Neue Sorge. Verantwortlich dafür war Herzog Friedrich III., welcher sich in den Kopf gesetzt hatte, an der Mündung der Treene in die Eider eine Handelsstadt mit internationaler Ausstrahlung zu gründen: Friedrichstadt.

Dazu lockte er religiös verfolgte Niederländer ins Land, welche ihm beim Aufbau dieser Handelsmetropole zur Hand gehen sollte. Leider waren entweder die politischen Verhältnisse ungünstig oder die importierten Handelsleute taugten nichts. Auf jeden Fall wurde nichts aus dem Traum, aus Friedrichstadt ein grosses Handelszentrum zu machen. Vielleicht lag es aber einfach nur daran, dass die eingeführten Niederländer mehr von Landgewinnung denn von Handelsgeschäften verstanden. Was weiss ich schon. Auf jeden Fall ist der Beitrag der Friedrichstädter zum lokalen Kartoffelanbau bedeutend grösser als ihr Einfluss auf den globalen Warenverkehr…

Die alten Niederländer gewinnen Land

Wie auch immer: Es waren Niederländer, welche schon zwei Jahre nach Ihrem Eintreffen im Jahr 1621, damit begannen, alten Gewohnheiten folgend, den Boden zu entwässern und Land zu gewinnen. Dazu leiteten Sie das Wasser aus Sorge und Bennebek zwischen Meggerdorf und Meggerholm in einen Kanal ab. So konnte der Wasserstand reguliert, das Land entwässert und für die Landwirtschaft nutzbar gemacht werden. Von wegen natürlicher Flussverlauf…

Vögel beobachten und mit Amphibien um die Wette schwimmen

Egal. Die alte Sorge ist ein richtiger Hingucker und für Schweizer Verhältnisse geradezu wild. Zumindest ist es ein beliebter Lebensraum für viele Vögel und Amphibien und steht deshalb zum Teil unter Naturschutz.

Leider gibt es keinen Wander- oder Veloweg, welche die alte Sorge Schleife entlangführt. Aber er es gibt Alternativen. Etwa eine kleine Straße, welche geradezu als Einladung für eine Velotour verstanden werden muss. Die alte Sorge ist dabei immer mehr oder weniger in Sichtweite. An einer Stelle kommt man ihr sogar sehr nahe. Dort befindet sich Naturbadestelle Alte Sorge, mit einer gediegenen Picknickstelle, einer WC-Anlage und der Möglichkeit ins kühle Nass zu springen. Sehr romantisch.

Für mich ist das allerdings nichts. Denn der Name „Sorge“ leitet sich aus dem lokalen gesprochenen plattdeutschen Wort für „Schlamm“ ab. Das Wasser ist also braun und nicht klar. Und da man bei Flüssen immer damit rechnen muss, dass sich dort riesige Fische verstecken, setze ich meinen Fuss niemals in solche Gewässer. Wäre ich zudem eine Wasserratte, wäre ich Rettungsschwimmer und nicht Fährimaa geworden. Nein, trübes Wasser, ohne mich!

Tipp:

Die Naturbadestelle liegt direkt an dem Fluß “Alte Sorge” zwischen den Ortschaften Meggerdorf und Christiansholm. Von der B202, Abfahrt Sandschleuse-Christiansholm, ist sie nur gut einen Kilometer entfernt. Gute Parkmöglichkeiten befinden sich direkt an der Badestelle. Toilette und Schutzhütte sind vorhanden. Der Eintritt ist frei.